Exkursion zum „Word Wetlands Day“

Am 2. Februar 2022  war der internationale Tag der Feuchtgebiete. Zu diesem Anlass lud die Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz (LGU) zusammen mit drei Partnervereinen, der Botanisch-Zoologischen Gesellschaft (BZG), dem Fischereiverein Liechtenstein (FVL) und dem Liechtensteinischen Ornithologischen Landesverband (LOV) zu einer Exkursion entlang des Ruggeller Binnenkanals. Aufgrund des zum Thema passenden, nass-kalten Wetters wurde die Route etwas verkürzt und anstelle eines Stopps bei der Binnenkanalmündung gab es am Schluss einen spannenden Kurzvortrag von Rainer Kühnis in der geheizten und trockenen Vereinshütte des FVL. Beim gemütlichen Beisammensein im Anschluss entwickelten sich spannende Diskussionen rund ums Thema Feuchtgebiete und deren Bewohner, sowie die Erlebnisse der Exkursion. Rund 15 Naturinteressierte fanden den Weg zum Ruggeller Binnenkanal wo Elias Kindle von der LGU alle Begrüsste. Im Anschluss führten Rainer Kühnis und Steven Lampert die Exkursion. Ersterer vom FVL erzählte viele spannende Informationen zum Renaturierungsprojekt des Ruggeller Binnenkanals um die Jahrtausendwende während letzterer als Vertreter des LOV über die heimische Vogelwelt berichtete.

Der Ruggeller Binnenkanal spielt eine sehr wichtige Rolle für die Fische Liechtensteins. Während vor langer Zeit alle Gewässer entlang des ganzen Landes in den Rhein flossen, ist es heute aufgrund des Schutzdammes so, dass praktisch alle Gewässer Liechtensteins im in den 1930er Jahren erbauten Binnenkanal gesammelt werden und am nördlichsten Punkt des Landes, in Ruggell, in den Rhein münden. Die einzige Ausnahme bilden einige wenige Entwässerungsgräben im Ruggeller Riet, welche in die Ill fliessen. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass sämtliche Fische Liechtensteins nur einen einzigen Zugang ins Land haben. Erschwerend für die Fische kam noch hinzu, dass ab ca. 1940 bis ins Jahr 1973 massiver Raubbau am „grauen Gold“ betrieben wurde. Rücksichtslos wurde das Rheinkies, in erster Linie für den Strassenbau, ausgeschöpft. Dies führte soweit, dass die Rheinsohle auf der gesamten Länge des Landes um 4,5 Meter absank. Mit ihm sank auch der Grundwasserspiegel und ein Grossteil der Liechtensteinischen Giessen und Bäche trockneten infolgedessen aus. Auch die Anzahl der Fischarten im Land sank auf gerade einmal vier Stück (Bachforelle, Elritze, Groppe und die nordamerikanische Regenbogenforelle). Dies lag aber weniger am Austrocknen, sondern vielmehr daran, dass die Fische diese neu entstandenen, 4,5 Meter Höhenunterschied vom Rhein in den Binnenkanal über Felsen, nicht schafften. 1970 geschah dann ein Ereignis, welches hauptsächlich dazu führte, dass zwei Jahre später die industrielle Kiesentnahme im Rhein verboten wurde. Das Kies war so gierig herausgebaggert worden, dass die Stützen der Schaaner Rheinbrücke, damals die Einzige, welche stark genug war, dass auch schwere Fahrzeuge sie queren konnten, nicht mehr im Kies eingebettet waren, sondern auf dem Grundkies standen. In der Folge wurden sie durch die Strömung unterspült und die Brücke stürzte ein. Die über vier Meter Höhenunterschied bei der Binnenkanalmündung blieben jedoch. Als Lösung wurde 1982 eine Fischtreppe gebaut, deren Erfolg war jedoch gering. Lediglich zwei zusätzlichen Fischarten gelang es, diese zu überwinden (Äsche und Seeforelle). Beim grossen Renaturierungsprojekt in drei Etappen der Binnenkanalmündung wurde ab 1989 sukzessive der Binnenkanal auf ca. zwei Kilometern Länge abgesenkt, um einen hindernisfreien Zugang auf gleicher Höhe zum Rhein sicherzustellen. Zudem wurde auf Seitenarme, Inseln, Steilufer, schnell- und langsam fliessende Bereiche und weitere ökologisch Wertvolle Details geachtet. Diese Massnahme war von Erfolg geprägt. Innert weniger Jahre konnten wieder sechzehn verschiedene Fischarten im Binnenkanal festgestellt werden (Aal, Alet, Bartgrundel, Hecht, Hasel, Rotauge, Schleie, Stichling, Strömer und Trüsche kamen dazu). Diese Anzahl ist bis heute so geblieben. Sieben Arten, welche um 1900 noch in Liechtenstein heimisch waren, sind nicht mehr zurückgekehrt. Für die Äsche aber, ist der Binnenkanal das wichtigste Laichgebiet weit und breit und für diese seltene Fischart ein wichtiges Refugium.

Aus ornithologischer Sicht war, auch aufgrund der Witterung, nicht übermässig viel Betrieb. Die meisten durchziehenden und überwinternden Feuchtgebiet Bewohner wie Limikolen halten sich mehr im anderen Bereich des Ruggeller Feuchtgebietes, dem Ruggeller Riet auf. Die vielen Enten und Rallen hingegen, sind mehr an grossen Seen wie dem Bodensee und die Kanalmündung wurde aufgrund des stärker werdenden Regens nicht erreicht. Trotzdem konnten noch einige Feuchtgebiet-Bewohner beobachtet werden. Gleich zu Beginn zeigten sich die Kormorane.

Diese Fischfresser brüten in teils grossen Kolonien auf Bäumen an Seen. Im Herbst und im Winter streifen sie entlang der Flüsse und verteilen sich im Umland. Ein Kormoran benötigt ca. 300g Fisch pro Tag und er ist ein hervorragender Taucher. Ein Teil seines Gefieders saugt sich mit Wasser voll, was ihn schneller Abtauchen lässt. Der Nachteil davon ist, dass er sich nach längeren Tauchgängen mit ausgespreizten Flügeln “sonnen“ und mithilfe des Sekrets seiner Bürzeldrüse sein Gefieder wieder einfetten muss. In kanalisierten Gewässern, wo die Fische keine Deckung finden, kann eine Gruppe dieser geschickten Vögel einen Fischbestand in einem Gewässerabschnitt stark dezimieren. Weitere typische Bewohner dieses Lebensraumes sind die Enten. Während die Exkursion nicht bis zu den seltenen, gerade anwesenden drei Löffelenten bei der Kanalmündung ging, zeigten sich stattdessen zwei weibliche Krickenten. Krickenten sind zusammen mit den Knäkenten die kleinsten Enten Europas. Während die Weibchen von den ebenfalls in der Nähe schwimmenden Stockentenweibchen nur anhand der Grösse und des grünen statt violetten Spiegels zu unterscheiden sind, trumpfen die Männchen mit einem braun, grün, gelben Kopf und silbernem Gefieder mit schwarzen Verzierungen auf. Bei den Stockenten liessen sich sowohl Erpel als auch Enten beobachten. Diese waren gerade dabei, Paare für die bald startende Brutsaison zu bilden. Enten brüten gerne in Baumhöhlen oder auch in Balkonkisten in der Nähe eines Gewässers. Im Galeriewald zwischen Binnenkanal und Rhein sollten aber alle Entenpaare einen Nistplatz finden, sodass im Frühling einige Entenfamilien im Binnenkanal beobachtet werden können. Von den anwesenden Reihern, waren die nur als Wintergast in Liechtenstein vorkommenden Silberreiher gerade im Riet und ums Dorf herum unterwegs und nicht auf der Exkursionsroute. Diese führte allerdings bei der Graureiher Kolonie vorbei und dort waren einige damit Beschäftigt, ihre Nester vom letzten Jahr für die neue Brutsaison in Stand zu setzten. Im Volksmund wird der Graureiher auch als Fischreiher bezeichnet. Dieser Name ist aber irreführend. Dieser Reiher frisst zwar auch Fische, diese machen aber nur einen sehr kleinen Teil seines Nahrungsspektrums aus. In erster Linie ernährt er sich von Mäusen und Insekten, anschliessend folgen Würmer, Schnecken und kleine Amphibien und erst dann stehen die schwerer zu fangenden Fische auf seinem Speiseplan. Die Ruggeller Graureiher Kolonie ist seit Jahren stabil. Seit einiger Zeit haben sie jedoch mit dem Weissstorch zu kämpfen, der in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Der Storch ist nicht nur eine Bedrohung für die frisch geschlüpften Jungreiher, denn ein Storch frisst, was in seinen Schnabel passt, sondern er wirft auch die schwächeren Reiher aus ihren Nestern um sich nicht selbst einen Horst bauen zu müssen. Es wurden noch einige weitere Vogelarten während der Exkursion, unter anderem Meisen, Finken und Drosseln beobachtet, allerdings waren dies keine typischen Feuchtgebietsarten. Trotzdem konnten sie die Exkursion durch ihre Vielfalt aufwerten. Alles in allem war es trotz widriger Wetterbedingungen ein sehr gelungener Anlass mit tollen Beobachtungen, bei dem jeder etwas neues Lernen konnte.